Schiffbau/Box
Premiere am 4. Mai 2013
Unterstützt von der UBS Kulturstiftung
Für „Arm und Reich“ sind drei neue kurze Stücke der Autoren Lukas Bärfuss, Händl Klaus und Michail Schischkin entstanden – zu sehen an einem Abend in der Box im Schiffbau. Ein Projekt, in dem nicht nur die Sichtweisen dreier renommierter Autoren aufeinandertreffen, die zwar alle in der Schweiz leben, deren Blick auf die hiesige Ungleichheit aufgrund ihrer unterschiedlichen künstlerischen Handschriften und Nationalitäten jedoch ein jeweils anderer ist, sondern in dem sich auch drei Regisseure begegnen. In „Die schwarze Halle“ (Regie Barbara Frey) konfrontiert eine Wirtschaftsjournalistin einen Sektenführer mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung – ein sprachliches Duell, in dem das Thema der Schuld im Mittelpunkt steht. In „Rechne“ (Regie Sebastian Nübling) spielen zwei wohlhabende Freundinnen die Möglichkeit durch, ihren Besitz für einen guten Zweck zu stiften – ein so lustvolles wie qualvolles Ritual, das um die Frage nach der individuellen Verantwortung kreist. In „Nabokovs Tintenklecks“ (Regie Bastian Kraft) wird von einem russischen Autor und Dolmetscher erzählt, der in Zürich in prekären Verhältnissen lebt. Die Möglichkeit, seine finanzielle Situation zu verbessern, schickt ihn auf eine Reise nach Montreux, die ihm Fragen nach seiner Moralität und danach, was Armut und Reichtum ausmacht, stellt.
„Nabokovs Tintenklecks“
„Bastian Kraft, gewieft im szenischen Umsetzen von Prosa (wie sein „Steppenwolf“ zeigte), verdoppelt dank Fritz Fenne und Lukas Holzhausen den Erzähler, trickst mit Videokamera, Schattenspiel, Fotoprojektionen wechselnde Atmosphären auf die karge Bühne und entführt uns so in eine Welt aus unlauterem Luxus, wahrer Liebe, verbrecherischem Risiko und grosser Literatur. Bravo.“ NZZ
„Der Text, eine Abwägung über Geld und Gewissen, ist kein Bühnentext sondern eine Ich-Erzählung. Regisseur Bastian Kraft, bekannt für szenische Romanbearbeitungen, griff zum Kniff, stellte die Schauspieler Fritze Fenne und Lukas Holzhausen als Dolmetscher vor, die am Tisch auf leerer Bühne den Originaltext ab Hörgerät live übersetzen. Dass sie dabei gelegentlich in die Ich-Rolle oder in die Kovalevs fallen, stört die Illusion ebensowenig wie der Hauch von russischem Akzent, der den Sprechern zusätzlich hilft, die Schilderungen nicht zu glatt über die Lippen zu lassen. Der Übersetzungsvorgang, auch wenn er bloss behauptet wird, versenkt die Schauspieler in Schischkins Erörterung. Und das genügt. Gebanntes Lauschen im Schiffbau. Ein paar Fotos vom Genfer See, von Nabokov und den Kovalevs, an die Wand gebeamt, fügen sich mühelos in den innerlichen Bilderfluss.“ Nachtkritik.de
„Gezeigt wird eine stimmige Nacherzählung über Geld und Gewissen, die das anfängliche Schwarz-Weiss-Bild immer mehr in Frage stellt. Eine gelungene Umsetzung, die zum Mitdenken anregt.“ seniorweb.ch
„Rechne“
„Macht Bärfuss aus der Befreiung von den Dingen einen Kampf samt erneuter Versklavung, inszeniert Nübling einen Rap, einen munter aufgepoppten Wechselgesang mit erotischen Hüftrotationen, gepressten Atemzügen, Kieksern und Seufzern. Egal, ob der Körper im dunklen Anzug steckt, im wadenlangen Kleidchen oder bauchfreien Top: Er giert. Erst nach Wasser, dann nach sich selbst, später nach dem anderen Geschlecht, endlich nach dem gleichen. Macher versinkt in Macher, Geld in Geld. Nie wurde der notgeile Narzissmus unserer Zeit und die Verschränkung ihrer Topdogs so chaplinesk auf die Bühne gelambadat. Als satirisches Sahnehäubchen obendrauf erklingt bei jedem grossen Wort wie etwa „ewig“ ein Gong (Musik: Lars Wittershagen). „Rechne“ ist ein charmanter Wiener Schmäh aufs Haben, Geben, Gieren.“ Tages-Anzeiger
„Händl Klaus’ „Rechne“ ist ein oft bis zum Einzelwort gesplitteter „Sprachkörper, den sich die Figuren teilen“. Beim Regisseur Sebastian Nübling und mit zwei Milliardärinnen, deren finanzielles Engagement gegen „das Leid der Welt“ Absichtserklärung bleibt, wird die Textinstallation zum beissend ironischen, neodadaistischen Ballett aus Wörtern und Körpern.“ Vorarlberger Nachrichten
„Die drei neuen Stücke ergeben keinen Thesenabend, sondern geben in drei unterschiedlichen Theatersprachen Einblick in die Mechanik der Moral, die ihre Abläufe zu variieren weiss und bei aller Präzision unberechenbar bleibt. In „Rechne“ in der Inszenierung Nüblings wird das zum perfekt gespielten, sinnenfreudigen und höchst vergnüglichen Denktheater mitten aus der Gegenwart, das mitten hinein zielt in die brennenden Probleme.“ Aargauer Zeitung
„Die schwarze Halle“
„Üppig sind bei Frey weder Bild noch Ton, üppig ist die Spannung zwischen den einander gegenübersitzenden Akteuren: Eine Journalistin mit der Angst des Mittelstands vorm Abrutschen interviewt einen Guru, dem alle ihren Besitz geradezu aufdrängen. Es knistert zwischen dem alten, dicken, müden Mann und der schicken, schlanken, müden Midlife-Crisis-Mum, deren Tochter just in eine Schwangerschaft „verwickelt wurde“.“ Tages-Anzeiger
„Lambert Hamel wirkt wie ein alter Mann, unter dessen entspannter Müdigkeit sich indes auch strategische Tücke verbergen könnte: leise und zurückhaltend zuerst, dann plötzlich scharf und aggressiv. Friederike Wagners Interviewerin überspielt ihre Verkrampftheit zusehends schlechter. Die Dialogpartie mischt halbverdeckte Karten und zückt bald materielle, bald spirituelle Werte. Dieses Oszillieren zwischen unterschiedlichen Ökonomien macht den Reiz des Stücks aus. Dass es eigentlich ein Hörspiel wäre, lassen Barbara Freys sanfte Regie und die Top-Schauspieler vergessen.“ NZZ
„Friederike Wagner als Journalistin und vor allem Lambert Hamel als unerschütterlich in sich selbst ruhendes Sekten-Urgestein setzen schauspielerische Glanzlichter.“ Die Südostschweiz
„Das Premierenpublikum fand Gefallen an der Umsetzung der drei Geschichten und bedankte sich mit grossem Applaus.“ seniorweb.ch