Pfauen
Premiere am 8. Mai 2013
Sommerfrische an der Küste: Fjord und Berge, ein altes Bootshaus ... Ein Mann, Musiklehrer in der Stadt, verbringt den Sommerurlaub mit Frau und Tochter in seiner alten Heimat. Er trifft nach vielen Jahren einen Jugendfreund wieder – Leif, mit dem er früher in einer Band gespielt hat. Für beide eine Begegnung, die sie zurückdenken lässt an gemeinsam Erlebtes. Und während sich seine Tochter in einen Jungen aus dem Dorf verliebt, wird er eingeholt von der Erinnerung an längst vergangene Zeiten. Unerfüllte Träume spiegeln sich in neuer Hoffnung, intensiviert durch die schöne Landschaft, die die Gefühle endgültig verwirrt.
Der Norweger Jon Fosse gehört zu den meistgespielten europäischen Dramatikern. Seine Stücke sind leise, unaufdringliche Texte, wortkarg und scheinbar ereignislos – und doch passiert, jenseits der Grenze des Sagbaren, viel mit seinen Figuren. Nach Ben Jonsons „Volpone“ und Eugène Scribes „Das Glas Wasser“ ist „Schönes“ Werner Düggelins dritte Inszenierung während der Intendanz von Barbara Frey.
„Eine Komödie des Scheiterns, hell und klar, federleicht melancholisch, manchmal sogar fast heiter.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Die Frau (Yvon Jansen) interessiert sich für Leif (Nicolas Rosat), den Jugendfreund des Mannes (Tilo Nest). Die beiden Jungen gründeten gemeinsam eine Dorfrockband; das „Schöne“, das sie verband, war wohl die Musik – und eine geheimnisumwitterte Bootsfahrt vor Jahren. Nun sehen sie sich wieder: Einen unendlichen Augenblick lang umarmen sie sich; es ist ein Augenblick der Utopie. Nicolas Rosats Leif bleibt fortan ungeschützt, vorbehaltlos offen für die grosse Liebe; Tilo Nest rettet sich in plaudernde Verbindlichkeit. Die Frau – die verzweifelt muntere Yvon Jansen – will in ihr Geheimnis dringen, sie prallt an Rosats solitärem Ernst bloss ab mit all ihren gutgelaunten Vorstössen. Werner Düggelin sieht sie alle mit unerbittlicher Klarheit. Raimund Bauer hat ihm einen sich in heller Ferne verlierenden Holzplankenstrand auf die Bühne gebaut, einen leuchtend leeren Horizont für dieses Spiel der ewigen Lebensunmöglichkeiten. In Düggelins reduzierter, transluzenter Erzählung verliert es alles Kunsthandwerkliche und entwickelt maximale Intensität. Der Mann, Tilo Nest, der sich einzig und allein in der Musik noch findet, in seinem unerträglichen Gitarrengeklimper und diesem Gesang, der die brüchige Schönheit des Irreparablen hat, die Stimme war mal frisch, jetzt ist sie weg. Yvon Jansen mit ihren nervösen Entdeckungsgängen, einen Song lang erkennt sie im Mann den langhaarigen Rocker, in den sie sich einst verliebt hatte, und kreischt wie damals. Nikola Weisse mit einem grossen kleinen Auftritt als wissende Mutter – und allen voran Nicolas Rosat, der andere Mann, Leif, für den die grossen Gefühle eine ganz und gar unzynische wirkliche Grösse haben. Sie erspielen sich tragische Dimensionen, die weit über das Fosse-übliche Nebelgewaber hinausgehen.“ Nachtkritik.de
„Ein tragisches Spiel um verpasste Lebensträume, am Zürcher Schauspielhaus grandios von Altmeister Werner Düggelin als Schweizerische Erstaufführung inszeniert.“ seniorweb.ch
„Ein erwachsenes und ein blutjunges Paar? So einfach ist es nicht. Es kommt nämlich noch „der andere Mann“ dazu, Leif, mit seinem Geheimnis, das sich bis zuletzt nicht lüftet. Düggelin kommt ihm, vielleicht, auf die Spur, obwohl er sich taktvoll hütet, mehr zu verraten als der Text. Und doch erfindet er Geschichten, die den Figuren Konturen verleihen, plastische Tiefe, Abgründe, denen sie fasziniert gegenüberstehen, einer unaufhaltsamen Anziehung ausgeliefert – bis der Schrecken sie zwingt, die Augen zu schliessen. Und Düggelin wäre nicht Düggelin, entdeckte er in der melancholischen, ja lebenstragischen Abgründigkeit nicht auch Komik: Fosses junges Paar scheint bei ihm aus einer französischen Komödie zu stammen.“ NZZ
„Das Ratlose in der Schwebe halten, das muss eine Fosse-Inszenierung können. Werner Düggelin kann es. „Schönes“ ist ein kurzes, stilles, musikalisches Stück. Es lebt von der Flaute zwischen den Menschen, vom Scheinfrieden im Sommeridyll, in dem sich auch Nikola Weisse als „Die Mutter“ des Musiklehrers klaglos eingerichtet hat. Womöglich zieht einmal Sturm auf. Yvon Jansen, die ruhelos ihren ehelichen Lagerkoller spazieren führt, und Tilo Nest, der einen rotzigen Song in den Fjord hinaus rockt, sind wie dafür gemacht. Vorerst sitzen sie lediglich auf gepackten Koffern und lassen Jon Fosses Lakonie des verschwendeten Lebens ganz vorzüglich auf das Zürcher Publikum wirken. Fremdheit unter Freunden: So sieht sie aus.“ Basler Zeitung
„Kulisse und Kostüme atmen die Verwirrung und Verwahrlosung von „Schönes“, in dem nichts schön und selbst das zarte Pflänzchen Jugendliebe zum Verenden verdammt ist: Die Obdachlosigkeit ist existenziell, und in den schwarzen (Boots-)Häusern lauern Triebe und Träume.“ Tages-Anzeiger
„„Was ist passiert?“ Die alte Mutter, Schwieger- und Grossmutter, der Nikola Weisse inmitten zerbrochener Biografien eine herzerwärmende Verbindlichkeit gönnt, korrigiert sich sofort. Diese Frage verbietet sich – auch wenn es zwischen der jugendlichen Rockband der einst Unzertrennlichen und den nun verstummten Freunden einen Schnitt gab. Hat das Bett im Bootshaus damit zu tun? Wieder, wie vor Zeiten, ergreift der Mann die Flucht, unterstützt durch die Nervosität seiner Frau. Und wie bei Tschechow im letzten Akt steht das Gepäck auf der Bühne. Tilo Nest klimpert weiter. Yvon Jansen schnürt den Gürtel des Mantels, als könnte sie so Haltung zurückgewinnen. Nicolas Rosat geht schon mal: Leif wird sein Aussenseiterdasein weiterleben. Den Mann und die Frau schickt Düggelin in eine Zukunft ohne Trost. Aufgebraucht die Sehnsucht – von der das Stück eine Stunde lang in den flirrendsten Nuancen vibrierte.“ NZZ
„Franziska Machens und Christian Baumbach zeigen mit ihrem (mimisch genauen) Spiel, dass zumindest in der Liebe zwischen dem Mädchen und dem Jungen alles neu und unschuldig ist. Wunderbar, wie Düggelin auch für diese Entdeckerfreuden die passenden Bilder und Töne gefunden hat. Im Zusammenspiel mit Tilo Nest wiederum macht Nikola Weisse die Bruchlinien in der Beziehung zwischen dem Musiklehrer und dessen Mutter schmerzhaft deutlich.“ Südkurier
„Werner Düggelin gelingt es vortrefflich, eine tragische Grundstimmung des Scheiterns ohne Pathos und Moral und mit vielen Zwischentönen zu vermitteln. Dafür erhielt er am Premierenabend grossen Applaus.“ seniorweb.ch