Schiffbau/Box
Premiere am 20. März 2015
Unterstützt von der International Music and Art Foundation und vom Förderer-Circle des Schauspielhauses
„In des Welt-Atems wehendem All – ertrinken, versinken, unbewusst – höchste Lust!“ – Isolde ertrinkt mit der Vision im Tode mit ihrem Geliebten wiedervereint zu werden, Tosca stürzt sich in die Tiefe, Carmen wird vom eifersüchtigen José erstochen, Alfredo kommt zu spät: seine todkranke Geliebte Violetta stirbt in seinen Armen … Nirgendwo wird so schön und virtuos gestorben wie in der Oper. Liebeswahn, Weltschmerz, Todessehnsucht, aber auch Missgunst, Eifersucht und kriminelle Energien sind es, die Opernhelden ins Verderben und letztlich in den Tod stürzen. Dass dabei atemberaubend schön gesungen wird, ist Leiden und Trost zugleich. Ausgehend von den schönsten Todesszenen in der Geschichte der Oper entwickelt Alvis Hermanis zusammen mit den Schauspielern einen Abend über die Kunst und das Theater, vielleicht auch über das Sterben, vor allem aber: über das Leben.
„Ein emphatisches Ersatzleben aus der Retorte kitschiger Operninszenierungen? Sentimental oder albern? Alles andere als das: Dank der trockenen Selbstironie stürzen die von genialen Maskenbildnern zu Senioren-Schauspielern deformierten Figuren sich und uns Zuschauer in ein Wechselbad erschreckender, erschütternder und aberwitzig komischer Augenblicke. Sie amüsieren sich selbst kein letztes Mal, sondern Tag für Tag.“ Deutschlandfunk
„Alvis Hermanis balanciert mit seiner genau beobachteten Personenregie, die wunderbar schrullige Charaktere erschafft, auf Messers Schneide. Denn wenn wir über die Skurrilitäten dieser sechs Hochbetagten und ihrer unbedarften Pflegerin („Heute sind Sie aber wieder schön gestorben!“) lachen, erheitern wir uns zwangsläufig über das, was uns allen blüht. Die Musik gibt dem Dasein dieser Alten zumindest noch einen Inhalt - und einen rosigen Schein. Am Schluss vermischen sie ihre Medikamente zu einem Glückscocktail und träumen sich mit Isoldes „Liebestod“ hinaus in ein besseres Leben: „Unbewusst … Höchste Lust!““ NZZ
„Acht Musikstücke hat Alvis Hermanis ausgesucht für diesen Abend, der „Die schönsten Sterbeszenen in der Geschichte der Oper“ versammelt. Der Kern der Handlung ist bestechend einfach: Sechs Bewohner eines Altenheims hören jeden Tag ihre Lieblingsstellen grosser Opern und spielen sie nach. So sterben sie jeden Tag aufs Neue und verlängern mit jedem Bühnentod ihr Leben. Das ist so boulevardesk wie tiefsinnig, könnte also ebenso leicht in den Klamauk abgleiten wie in schwerblütige Lyrismen.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
„In seinem zweistündigen Zürcher Abend „Die schönsten Sterbeszenen in der Geschichte der Oper“ muss man viel lächeln, bisweilen gar laut auflachen. Doch es sind jene Lacher, die man gleich wieder runterschlucken möchte, da sie einem selbst wehtun, da sie gegen das zutiefst Menschliche gerichtet sind. Hermanis spielt damit virtuos. Und so wird die vermeintlich zufällige Nummernrevue zu einer Reflexion über die Liebe, das Sein und das Sterben: über das Leben schlechthin.“ Aargauer Zeitung
„Blut geleckt an der Oper hat auch Alvis Hermanis, nachdem er dem Sprechtheater den Rücken gekehrt hatte und nun via Oper wieder zu diesem zurückkehrt. In der Zürcher Schiffbau/Box schuf er für seinen Operntod-Bilderbogen einen von einer Glasfront geteilten Altersheimraum, den er mit Krankenbett, Tisch, (Roll-)Stühlen und einem Plattenspieler möblierte. Nach und nach bevölkern diese Bühne drei Frauen und drei Männer in pastellfarben-morbider Altersgarderobe: zerfurchte Gesichter (eine Meisterleistung der Maskenbildnerei), unsichere Schritte, brüchige Stimmen. Gleich geht es los: Platte auflegen, Traviata stirbt, pures Glück und Verzückung: „Ich fühle mich besser, wie neugeboren“, kommentiert die eine Alte.“ sda
„Es ist ein grandioser Einfall, diese hinfälligen, aber lebendigen Heiminsassen die grossen Opernhelden spielen zu lassen, wie sie ins Verderben und in den Tod stürzen. Alle Sterbeszenen sind grossartig choreografiert, eröffnen ein Panoptikum aus Tragik und Komik. Das übersteigerte Pathos der Oper verkommt – so will es scheinen – zur Lachnummer, wenn gebrechliche Alte röchelnd und grapschend Liebeswahn, Weltschmerz und Todessehnsucht zelebrieren. Doch weit gefehlt: Alvis Hermanis versteht es meisterlich, berührende Momente der Begegnung von Tod und Leben auf die Bühne zu zaubern. Vorgeführt werden gebrechliche Figuren, die angesichts des bevorstehenden eigenen Todes Trost und Hoffnung in der Opernwelt suchen, wo schön und virtuos gestorben wird.“ seniorweb.ch
„Die allerschönste Szene in „Die schönsten Sterbeszenen in der Geschichte der Oper“ – dem neuen Projekt des lettischen Regiestars Alvis Hermanis –, sie stammt gar nicht aus einer Oper. Sondern aus einer Suite für Kammerorchester, die aus 14 kleinen Sätzen besteht. Genau, es ist das Andantino grazioso „Der Schwan“ aus dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns aus dem Jahr 1886, zu dem Michel Fokine zwei Jahrzehnte später das Ballettsolo „Der sterbende Schwan“ choreografierte, das ihn und die erste Schwanen-Ballerina weltberühmt machen sollte. Hier allerdings, in der Schiffbau-Box, ist der Spitzentanz ein Ding der Unmöglichkeit: Mit Müh und Not haben sich die sieben greisen Gestalten auf den langen, weissen Verandatisch des noblen Altersheims im Jugendstillook gehievt, schwer atmend, die Krücken und Rollstühle in Reichweite behaltend. Das Vinyl dreht sich, der Plattenspieler knackt, und die Alten schliessen die Augen, lassen ihre kraftlosen Hände flattern, derweil das Cello süss seine Kreise durchs Wasser der Klaviertöne zieht. Allmählich neigen sich die Silberköpfe, krümmen sich die klapprigen Körper, sinken, perfekt im Takt, ineinander, auseinander, auf den Tisch. An Tabledance denkt da keiner, eher schon an eine Obduktion. Das Klavier rieselt sein Finale, die Greisenhände zucken ein letztes Mal. Und die schmale Lichtgasse, die dieses Sterben in ein zweidimensionales, gezähmtes Bild verwandelt hat – ein Bild, das sich auf der rückwärtigen Glaswand spiegelt –, sie dunkelt ein (Licht: Ginster Eheberg)“ Tages-Anzeiger
„Es dauert ewig, bis Fräulein Menke am Plattenspieler angelangt ist. Schrittchen für Schrittchen kämpft sie sich vorwärts an ihrem Stock, setzt zitternd Fuss vor Fuss, wankt von Schwingtür zu Schwingtür – bis sie endlich erklingen kann, die Musik. Musik hält sie am Leben Sie hält Fräulein Menke am Leben und lockt auch die anderen Herrschaften an: den noch immer forschen Herrn Zett, den humorig-jovialen, aber sehr zerbrechlichen Herrn Schober (Gottfried Breitfuss, die anderen Figuren sind nach ihrem Schauspieler benannt), die Grande Dame Frau Wagner, die die unsichtbaren Zügel in der Hand hält, die verknispelte alte Jungfer Frau Altefrohne und der hinfällige Herr Zerzawy. Sie haben sich in einem Altersheim für Opernliebhaber gefunden und verbringen ihre Tage damit, „Die schönsten Sterbeszenen in der Geschichte der Oper“ zu spielen. So der Titel des kuriosen Schauspiel-Opern-Abends, den der lettische Regisseur Alvis Hermanis in die Box des Zürcher Schiffbaus gesetzt.“ St. Galler Tagblatt
„Das Sterbe-Spiel ist bei Hermanis nie plump, sondern oft tollkühn – so, dass einem der Atem stockt, da es zu viel Aufregung für die alten Herzen gewesen sein könnte. Dem Melancholiker Hermanis allerdings ist der repetitive Schenkelklopfhumor eines Christoph Marthalers fern, er übertreibt das Spiel mit den lustigen Alten nie, ihr Tun ist durchweg elegant und berührend. Selbst Toscas Sprung von der Engelsburg gelingt. Famos, wie sich Hilke Altefrohne, Gottfried Breitfuss, Isabelle Menke, Friederike Wagner, Milian Zerzawy und Jirka Zett das greise Schlurfen, Zittern, Röcheln – das Altsein – angeeignet haben.“ Aargauer Zeitung
„Das kommt alles darstellerisch sehr gekonnt daher: Es spielen Hilke Altefrohne, Gottfried Breitfuss, Isabelle Menke, Friederike Wagner, Milian Zerzawy und Jirka Zett. In die Tristesse mischen sich humorvolle, fröhliche Momente. Und obendrauf lassen die Musikeinspielungen ab alten Platten die Herzen höher schlagen.“ Zürichsee-Zeitung
„Grosses Lob gehört den sechs Schauspielern (Hilke Altefrohne, Gottfried Breitfuss, Isabelle Menke, Friederike Wagner, Milian Zerzawy, Jirka Zett), die mimisch und akrobatisch glaubhaft alte, gebrechliche Menschen spielen, auch wenn sie etwas gar schrullig maskiert daher kommen. Ihr subtil-groteskes Spiel ist eine wahre Augenweide und zeugt von hoher Schauspielkunst. Dafür gab‘s am Premierenabend viel Applaus.“ seniorweb.ch
„Wenn Friederike Wagner im Rollstuhl über die Bühne schwebt und alle sechs Schauspieler sich zu einem grandiosen Bild zu den Klängen von Camille Saint-Saëns „Le Carnaval des Animaux“ auf dem Tisch vereinigen, ein greiser Schwarm sterbender Schwäne, geschlossene Augen, gestreckte Runzelhälse, die flatternden Fingerspitzen wie welke Schwingen langsam sinken lassend, dann sind das Momente grosser Sehnsucht nach der Liebe, der Schönheit, dem Leben.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Dabei begeben sich die sechs Schauspieler so wunderbar in die Klauen des Alters – ein Bravo für die hervorragende Maske. Wie Gottfried Breitfuss um seinen Rollstuhl herumklettert und scheinbar zahnlos vor sich hin mümmelt, wie Jirka Zett, vom Alter gebeugt, sich nur noch Bosheiten absondernd aufrecht halten kann, ist grosse Kunst.“ Thurgauer Zeitung
„Ausnahmsweise seien diesmal zur Beginn die Angehörigen einer Berufsgruppe genannt, die gemeinhin im Schatten der Theaterkritik stehen: die Maskenbildner. Carla Alarcon, Salome Bigler, Anita Brülisauer, Claudia Palopoli, Andreas Polich und Satomi Rüegsegger haben Schauspieler in den besten Jahren zu Greisinnen und Greisen verwandelt. Das ist, visuell, schon die halbe Miete dieses Abends.“ Esslinger Zeitung
„Es gibt sie noch, die Theater-Zauberer, die aus banalsten Szenen mitreissendes Theater kitzeln. Alvis Hermanis ist ein solcher Magier. Mit den „Schönsten Sterbeszenen in der Geschichte der Oper“ , die er mit mitreissenden Spiel-Szenen und einem grandiosen Darsteller-Sextett in ein Altersheim verlegte – und zu einem Triumph am Zürcher Schauspielhaus führte.“ Neue Osnabrücker Zeitung
„„Ganz grosse Oper“ sagt man, wenn es irgendwo recht gefühlsüberwältigend zugeht. Auch dieser von sechs grossartigen Schauspielern interpretierte Züricher Abend über Liebe und Tod, Leben und Kunst ist: ganz grosse Oper.“ Stuttgarter Nachrichten
„Ein grosser Abend für das Theater – über das Theater.“ Deutschlandfunk