Pfauen
Premiere am 14. Dezember 2018
Vorstellungsdauer: 1 Stunde 45 Minuten, ohne Pause
Am Anfang wird in René Polleschs neuem Stück gar nicht so sehr der Ort vermisst, eher scheint mit der Zeit etwas nicht zu stimmen. „Warum sind wir bereits am Ende des Stückes? Ich bin doch gerade erst aufgetreten.“ Es scheint sich dabei, wird später gesagt, sogar um DAS Phänomen unserer Zeit zu handeln. „Wisst ihr, ich bin ganz schön fertig. Eine Sechsstundenfassung von Shakespeares ‚Sommernachtstraum‘, wer kam eigentlich auf die Idee!!“ – „Wenn man es vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, war es schon sehr merkwürdig. Eigentlich gab es keinen Grund für uns anzunehmen, dass wir bereits am Ende des Stückes waren, denn niemand von uns konnte sich daran erinnern, dass wir den grössten Teil davon schon gespielt hatten.“ – „Irgendetwas war passiert. Denn auch die Zuschauer gaben zunächst zu Protokoll, dass die Schauspieler aufgetreten waren und sofort das Ende gespielt hatten, und der Theaterabend nach etwa zehn Minuten vorbei war.“ War das Stück derartig kurzweilig gewesen? Zu unterhaltsam? „Allerdings konnten sich einige von ihnen eine Weile später doch an die fünf Stunden und 50 Minuten eines ‚Sommernachtstraumes‘ erinnern. Die Auskünfte gingen dabei sehr stark auseinander. Einige hatten eine Gruppe von Kindern durch die Wüste ziehen sehen und andere sprachen von einem Wald, in dem dann statt der Elfen et cetera. ein riesiger Affe aufgetreten war.“
Wenn man bei René Pollesch von einer starken, prägenden Regiehandschrift sprechen darf, ohne ihn davon abzuschneiden, was er tatsächlich tut, dann nur, wenn man versteht, dass seine Praxis als Autor (als jemand, der im Wesentlichen schreibend tätig ist, indem er Texte produziert und Inhalte ins Spiel bringt) auch auf die Autorenschaft der im Theater so vielseitig versammelten KünstlerInnen, allen voran der SchauspielerInnen, BühnenbildnerInnen und KostümbildnerInnen vertraut. Das autonome Zusammenarbeiten mehrerer, die Autonomie nicht hermetisch denken, ermöglicht es, dass sich Theater nicht dem Befehl der Alleinherrschaft der Regie über eine Produktion oder gar eines ganzen Betriebs unterwirft. Von dieser Praxis haben sich bislang sehr viele und auch viele junge KünstlerInnen beeindrucken lassen.
Fotos © Lenore Blievernicht
„René Pollesch brilliert mit einer neuen Produktion, so abgründig, komisch und politisch wie selten. Eine theatralische Grenzerfahrung.“ Republik
„Was Pollesch kann, zeigt er in Zürich in Bestform: Nämlich die grundlegenden erkenntnistheoretischen Haltungsprobleme der Postmoderne nicht einfach nur abstrakt zu thematisieren, sondern sie durch Wort- und Körperspiele sinnlich auszudrücken.“ FAZ
„Auf Mäx’ monströser Hand mit den gepolsterten Ballen wird geturnt und geturtelt. Mal debattieren die drei, buchstäblich grandios abgehoben, über die Unmöglichkeiten des Daseins; mal schwitzen sie in akrobatischen Soli des Begehrens und – sowieso – des Verfehlens.“ Tages-Anzeiger
„Alle wollen sich in seine Hand reinlegen, Kuscheln mit King Kong, und jedesmal wird es nochmal zum Highlight an diesem an Highlights ohnedies nicht armen Abend. Marie Rosa Tietjen, die sich Finger um Finger an ihm emporräkelt; Kathrin Angerer, die stummfilmmäßig, aber sprachgewaltig mit ihm, den sie "Mäxie" nennt, hadert; Martin Wuttke, der bei ihm in allen denkbaren Verrenkungen Schlafpositionen sucht und zuletzt in der am wenigsten wahrscheinlichen tatsächlich kurz zur Ruhe kommt: nämlich aufgespannt zwischen Daumen und Zeigefinger des Monsters.“ nachtkritik.de
„Schon das Bühnenbild ist eine Hommage an eine Arbeit von Bert Neumann, die dieser 2011 für die Pollesch-Produktion „Fahrende Frauen“ in Zürich gebaut hat. Neumann, der prägende Raumerfinder der Volksbühne. Hier, von Barbara Steiner zitiert: ein imposanter Varieté-Rahmen mit Hunderten Glühbirnen, dazwischen ein Vorhang mit schwarz-weißen Streifen, dahinter ein Wasserfall-Idyll, nur im Bedarfsfall sichtbar.“ Süddeutsche Zeitung
„Wie meist in Polleschs theoretisch und musikalisch aufgerüsteten Diskursschlachten bleibt uns hier bloss ein hilfloses «Treffer, versenkt!» und jenes Gelächter, das verrät, dass wir kalt erwischt wurden. In genau dieses Lachen brach das bestens verschaltete Publikum am Freitag mindestens 150-mal aus, sogar ehe sich der schwarzweisse Vorhang hob.“ Tages-Anzeiger
„«Ich weiß nicht, was ein Ort ist, ich kenne nur seinen Preis» ist das beste Pollesch-Stück seit langem. Weil es so unvermittelt und ehrlich ist. So geradeheraus, ohne viele Schlenker auf das Entscheidende zu sprechen kommt. Die Überzeugung, dass das ganze Leben sprachlich nicht zu fassen ist.“ FAZ
„[…] jedenfalls war seit langem kein Pollesch-Abend so entspannt, so vergnügt, auch so theatersinnlich wie dieser. So einnehmend, was nicht heißen will, ein Leichtgewicht. Das Fundament ist hart: Donna Haraway, Sigmund Freud, Gilles Deleuze … wenn man erst mal anfängt zu graben, nehmen die Zitate, Referenzen, Verweise kein Ende. […] «Ich weiß nicht, was ein Ort ist …» ist ungemein witzig und klug, und getragen von dem hochansteckenden Drive des Virtuosen-Trios Tietjen, Angerer, Wuttke […]“ nachtkritik.de
„Dieser Theaterabend glitzert und strahlt, ist intelligent und unterhaltsam.“ FAZ