Schiffbau/Box
Premiere am 4. April 2019
Vorstellungsdauer: 1 Stunde 55 Minuten, ohne Pause
Auf Haiti tobt die Revolution. Nach über hundert Jahren der Sklaverei kämpft die geknechte Bevölkerung für ihre Freiheit. Eines Nachts klopft plötzlich der junge Gustav, ein Adeliger aus der Schweiz, an der Haustür von Toni, der Ziehtochter eines der Anführer der Revolution, und bittet um Schutz auf der Flucht vor den Truppen der Revolutionäre ... Toni muss sich entscheiden – keine Zeit für Revolutionsromantik. In seiner kurz nach der französischen Revolution erschienenen Novelle „Die Verlobung in St. Domingo“ (1811), einer dramatischen Lovestory im Setting der Revolution, macht Heinrich von Kleist klare Fronten auf: „Weiss“ gegen „Schwarz“, Gut gegen Böse, Ordnung gegen Anarchie. Doch wie geht die Geschichte, wenn nicht eindeutig ist, wer Freund und wer Feind der Werte der Aufklärung ist? In seinem neuen Stück widerspricht Necati Öziri den vermeintlich eindeutigen Positionen und mutet der Geschichte eine neue Ebene der Opposition zu, die eine heutige Diskussion über Gewalt und Gegengewalt erzwingt.
Mehr Hintergrundinfos und spannende Diskussionen zur Inszenierung gibt es in unserem Rahmenprogramm:
- Publikumsgespräch mit Necati Öziri und Sebastian Nübling am 5. April
- Podiumsdiskussion mit Necati Öziri, Katja Brunner, Sivan Ben Yishai und Fatima Moumouni,
Moderation Ruth Feindel am 12. April
- Einführung Spezial mit Philipp Hanke am 16. April
- Theater Campus English Version am 16. April
- Theater im Gespräch am 26. April
- Einführung Spezial mit Daniel Kurjaković am 2. Mai
- Einführung Spezial mit Harald Fischer-Tiné am 5. Mai
- Wir müssen reden … - Ein Antirassismus-Workshop am 13. Mai
> Mehr Infos unter „Mehr als Zuschauen"
Fotos © Tanja Dorendorf / T+T Fotografie
„Öziri macht den Skandal zum Thema und stellt seine Kleist-Kritik postdramatisch offen zur Diskussion. Er gibt den vier Figuren, die in der Novelle nur als Phantome europäischer Revolutionsangst zu Wort kommen, eine eigene Stimme und eine historische Identität.“ FAZ
„Der Regisseur ist ein Spieler, er lässt spielen, denn im Spiel lösen sich Fronten und Thesen auf. Und dieses Wunder der Leichtigkeit glückt ihm auch in Zürich und gegen alle Erwartung. Auch in der Schiffbau-Box gelingt es Nübling elegant und undogmatisch, das Schwarzpeterspiel um Gut und Böse, Schwarz und Weiss zu vermeiden. Er wendet Öziris thesenschweren «Widerspruch» gegen Kleist in eine klare, kluge und kraftvolle Spielanlage, die alles hat, um auch aus politischem Theater Unterhaltungswert zu schlagen. Nüblings Lesart ist ein grosser Rave, eine Love-Parade der Queers, Feministinnen, People of Color – Master of the Dancefloor ist Lars Wittershagen.” NZZ
„Nübling lässt in dieser Box agieren, aber auch davor und dahinter. Er produziert grandiose Schattentheater-Sequenzen, mondriansche Farbkompositionen ziehen vorbei und Live-Cam- Einblendungen. Dazu rechts zwei Synthesizer, links ein Kritzelpapier für Wortergüsse: Kunst thematisiert sich stets mit.“ Tages-Anzeiger
„Es ist dieser kongeniale mediale Kniff, und es sind die spielwütigen Darstellerinnen und Darsteller, die die Uraufführung zu einem überzeugenden Bekenntnis machen. Theater braucht sich nicht als politisches Instrument anzubiedern, Theater ist per se ein politisches Instrument.“ NZZ
„Dazu zaubert Nübling einen Pseudo-Konzert-Beitrag aus seinem Regie-Wunderkasten, lässt „vorwärtsspulen“ oder in Slow-Motion verharren und gibt auch sonst seinen Akteuren – hervorstechend Maryam Abu Khaled und Kenda Hmeidan, beide ehemals aus dem Exil Ensemble des Maxim Gorki Theaters – viel Platz für schnelles, genaues, energiegeladenes Spiel.“ nachtkritik.de
„Die fünf Schauspieler, allen voran Maryam Abu Khaled als schwarze Mutter Babikan von Toni, zeigen ein schwungvolles, ironisierendes Spiel, das fesselt und die Hintergründe der Figuren spürbar aufleben lässt.“ seniorweb.ch
„Uns Zuschauern bleibt aber eine Menge Zucker für den Kopf: Stoff zum Träumen und Denken.“ Tages-Anzeiger