Schiffbau/Halle
Premiere am 8. Januar 2011
Die Geschichte von Ödipus, der gegen den Willen der Götter gezeugt wird und als Erwachsener seinen Vater erschlägt, seine Mutter heiratet und mit ihr vier Kinder zeugt, ist einer der bekanntesten und einflussreichsten Mythen der abendländischen Kultur. Er erzählt von der Unterwerfung des Menschen unter das Lustprinzip, von den Trieben des Vatermords, des Inzests und stellt die Frage nach dem Wesen des Menschen, nach den Grenzen menschlicher Selbstbestimmung und den Möglichkeiten eines gesellschaftlichen Miteinanders. Sebastian Nübling, der in der letzten Spielzeit „Der Revisor“ inszenierte, erzählt die Geschichte von Ödipus und seinem Geschlecht mit Rückgriff auf die Dramen der drei grossen antiken Tragiker Aischylos, Sophokles und Euripides.
„Wer wissen will, warum es Familientragödien gibt, wie sich Menschen töten können, die sich lieben sollten, und weshalb sich daran seit ungefähr 2500 Jahren nichts ändert, der sehe sich den Ödipus-Clan an. Regisseur Sebastian Nübling rollt den mythischen Mehrteiler in der Zürcher Schiffbauhalle auf – monumental und mit dem Mut zur Überforderung.“ Basler Zeitung
„In Zürich wird der Mythos jetzt vergleichsweise behutsam vergegenwärtigt. Nübling verzichtet fast ganz auf Popsongs, moderne Zitate und selbstreflexive Brüche. Sein „Ödipus“ will mit archaischen Mitteln einen zeitlosen Generationenkonflikt beschreiben: Vor den autoritären Vätern sterben die Söhne, die ihren gewalttätigen Starrsinn geerbt haben, und die Töchter, die sie vergebens mit ihrer fast inzestuösen Liebe umgarnen.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
„Nübling setzt auf moderne Übersetzungen, aber nur selten auf äusserliche Modernisierungen, um die Aktualität des Stoffes zu zeigen. Er lässt ihm Grösse wie Offenheit, gibt ihm etwa im dämonisch-showhaften fauchenden Seher Teiresias (Porath), dem metrosexuellen Eteokles (Nicola Fritzen) und seinem Bruder Polyneikes (Patrick Güldenberg hebt dessen tragische Verzweiflung hervor) oder den furiosen, hooliganesken Kriegs-Chorszenen immer heutiges Profil. Und auch die Figuren mit ihren Ticks und feinen Eigenheiten sprechen nicht wie 2500-Jährige zu uns. Ein starker Abend!“ St. Galler Tagblatt
„Muriel Gerstner hat ein grandioses, dunkles Bühnenbild gebaut: die geschwungene Form eines offenen Kaufhauses mit vielen Schaufenstern, so wie es der Bauhaus-Architekt Erich Mendelssohn Ende der zwanziger Jahre entwarf.“ Stuttgarter Zeitung
„Tim Porath hat als Ödipus grosse Monologe, Lilith Stangenberg gibt mit der ihr eigenen Art der Artikulation Naivität und kindlichem Trotz der Antigone auf wunderbare Weise Ausdruck, in scharfem Kontrast zu ihrer pragmatisch-farblosen Schwester Ismene (Franziska Machens). Grossartig das ungleiche Brüderpaar Polyneikes (Patrick Güldenberg) und Eteokles (Nicola Fritzen). Da findet ihre Mutter Iokaste kein Gehör, auch wenn Friederike Wagner sehr überzeugend die Stimme der Vernunft erhebt. Und dann sind da noch Fritz Fenne (Theseus) und Markus Scheumann (Kreon), die uns an die smarten, medienwirksamen Politmanager erinnern, die dem Volk jede Grausamkeit, jede Ungerechtigkeit plausibel verkaufen können.“ Südkurier
„Der Platz ist da für Lilith Stangenberg. Sie kann eine wunderbar irritierende Antigone sein, eine Frau, die ganz bei sich ist, nach den Umwegen, die sie gegangen ist. Ihren Bruder will sie ins Grab legen, auch wenn das gegen das Gesetz ist, und den Tod nimmt sie auf sich. Kreon (Markus Scheumann), der die Macht in diesem Teil übernommen hat, muss sich winden. Ganz licht ist jetzt die Vorstellung. Zuletzt ist Franziska Machens, die als Ismene sonst recht beiseite steht, auf der Bühne. Ganz ruhig spricht sie die letzten Worte. Die Tragödie ist aus. Dunkel. Wir sind hin und weg.“ Der Landbote
„Doch am besten gefällt in diesem Chaos der Seelen Franziska Machens' Ismene, die Kühle.“ Tages-Anzeiger
„Markus Scheumann beweist, dem windig-kleingeistigen Charakter seiner Figur zum Trotz, schauspielerisches Grossformat.“ NZZ
„Die Inszenierung mit Tim Porath als Ödipus fesselt während vier Stunden.“ Aargauer Zeitung
„Natürlich ist der Chor, der durch die Schlacht um Theben führt, toll in markiger Stimm- und Stampfgewalt. Präzis, schnell, scharf, böse. Unendlich viel Arbeit (vom musikalischen Leiter Lars Wittershagen) steckt da drin.“ Süddeutsche Zeitung
„So gehen antike Stoffe unter die Haut und reichen mit ihrem Nachhall bis in unsere Gegenwart. Es gab dafür starken Applaus.“ Schaffhauser Nachrichten