Pfauen
Premiere am 1. April 2011
Ein Kulturengagement der Credit Suisse
Mit seiner ursprünglich namenlosen Komödie, die er auch als „Enzyklopädie des russischen Lebens“ bezeichnete, wollte Tschechow nach eigener Auskunft den Menschen nur eines ehrlich begreiflich machen: „Schaut, wie schlecht und langweilig ihr lebt!“ Diese Erkenntnis hat ironischerweise niemand tiefer verinnerlicht als der Titelheld, der zum Dorfschullehrer herabgesunkene Liebling der Frauen Platonow … Für Barbara Frey ist es, nach „Onkel Wanja“ in München und „Der Kirschgarten“ in Berlin, ihre dritte Tschechow-Inszenierung.
„Ein meisterlicher Abend.“ Tages-Anzeiger
„Barbara Frey inszeniert mit einem grandiosen Ensemble einen atemberaubenden Tschechow.“ Nachtkritik.de
„Die subtile Soiree ist ein Wahnsinnsabend und dort besonders stark, wo die Gestalten bloss den Stuhl wechseln und reden, schweigen, reden. Stundenlang tut sich nichts, und dennoch hat Anna am Ende ihr Gut verloren, ihr Nachbar seine Hoffnung, Sofja ihre Ehe, Alexandra ihren Mann: Sofja erschiesst den ungetreuen Geliebten Platonow. Und alle setzen sich in die Fernsehecke, starren ins Leere. Aber wir gebannt auf die Bühne.“ Tages-Anzeiger
„Barbara Freys Regie verfolgt Tschechows Menschen mit hellwacher – und den Zuschauersaal sofort ansteckender – Neugier. Was aus ihnen herauswächst oder -bricht, entwickelt sich im gesellschaftlichen Brutkasten langsam, spannungsvoll oder abrupt und wirkt jeweils so lange urkomisch, bis es ins Unheimliche rutscht.“ NZZ
„Wandeln die Frauen auf der Spur ihres Restbegehrens, wird es wundersam lebendig auf der Zürcher Pfauen-Bühne. Dann nimmt Barbara Frey allerdings doch wieder das Tempo raus, und es sieht so aus, als döse das Personal bereits im Jenseits. In Wirklichkeit ist die Zürcher Schauspielchefin, die in München bereits „Onkel Wanja“ und in Berlin den „Kirschgarten“ inszeniert hat, mit Tschechow ganz bei sich. Mit „Platonow“ ist ihr ein grausam schöner Abend gelungen.“ Süddeutsche Zeitung
„Sie hat was von Christoph Marthalers Machart, die Inszenierung von Anton Tschechows „Platonow“, die in diesem bestechend kalten und zugleich beredten Bühnenbild (von Ausstattungsstar Bettina Meyer) am Freitag zur Premiere kam.“ Tages-Anzeiger
„Trockener Witz, eine sportlich-lakonische Sprache, die viel Komödiantisches zulässt, ohne jemals albern zu wirken, scharfe Dialoge, und – im Mittelpunkt der kleinen Versammlung: eine grandiose Friederike Wagner als Witwe Anna Petrowna, die edel und pragmatisch ist, herausfordernd und hingebungsvoll, streng und grossherzig, intelligent und integer – ein ganzes Panorama einer grossen Persönlichkeit.“ Deutschlandfunk
„Aus Humor wird Hohn, aus Finesse Fiesheit und aus intellektueller Freiheit Verzweiflung; aus marthalerschen Momenten pure puristische Barbara Frey at her best, am Puls von Tschechows stiller Masslosigkeit. Maertens zeigt sich als Meister von Witz und Weh, wenn er, ohne die Stimme zu erheben, Platonows Pfeile abschickt, sodass Marja heult und Anna lacht. Friederike Wagners dem Volksschullehrer Platonow wesensverwandte Anna ist die andere Figur, die in dem Mammut-Melodram fasziniert – das ohne Striche über sechs Stunden dauert und am Pfauen noch über drei; drei insgesamt fesselnde Stunden. Wie Anna spottet, wo sie spucken könnte, wie sie verstummt, wo sie schreien könnte (etwa als sie erfährt, dass Platonow Ehebruch mit Sofja begeht und nicht, wie ersehnt, mit ihr), das hat kühle Klasse.“ Tages-Anzeiger
„Anna Petrowna – Friederike Wagner – fläzt sich auf den Stuhl und zieht ihre ennuiierte Show ab, im jahrelang eingespielten Team mit Trilezki, dem Arzt und spätadoleszenten Schürzenjäger (noch nie war Markus Scheumann so gut!), mit Glagoljew, der von früheren Zeiten träumt (ein grandioser Lambert Hamel, auch am Schluss, wenn er nach Paris abhaut und der Cancan schon in seine alten Knochen fährt), mit all den unumgänglichen Müssiggängern, Gläubigern und Parasiten, Pferdedieb und unverfrorene Haushälterin inklusive. Hinreissend schnell ist die Runde etabliert, und es ist kein hochglanzpolierter Esprit, der in ihr aufbricht, dafür viele alte Verletzungen und sorgfältig gepflegte Wunden, ein Rhizom der gut verflochtenen Aggressionen und liebevoll gezüchteten Peinlichkeiten.“ Nachtkritik.de
„Daneben erzählt die Inszenierung aber vor allem viele kleine und grosse Liebes- und Verlustgeschichten, und ist darin sehr modern. Und sie tut es mit berückendem Personal, wie Ursula Doll als Platonows etwas grob geratene Frau Sascha, Markus Scheumann als herrlich ironisch-verzweifelter Arzt Trilezki oder Franziska Machens als die junge Frau, die sich von einem hochgeschossenen Mauerblümchen in ein zufriedenes Fohlen verwandelt. Barbara Frey ist etwas Grosses gelungen: sie erzählt von Tschechows Drama wie von einer interstellaren Kollision mit zwei völlig verschiedenen Planeten, die alle anderen zu vernachlässigbaren, weit entfernten Sternen machen. Und sie erzählt von Seelenqualen ganz normaler Menschen. Himmel, Erde, Hölle, hier sind sie aufs Beste vereint.“ Deutschlandfunk
„Es sind die Frauen, von denen in Tschechows Stück die Energie ausgeht. Aber in Platonows Person saugt sie sich auf, und es ist rasend gut, wie Maertens daraus eine Pathologie des Liebeshungers und des Liebesvakuums aufbaut.“ Nachtkritik.de
„Sascha, die betrogene Ehefrau von Platonow, und Ossip, der Räuber, Mörder und Dieb, unsterblich verliebt in die Generalswitwe, die aber sehr sterblich mit Platonow flirtet. Beide sitzen auf dem Bahngleis vor Platonows Haus. Sie gibt ihm Suppe und ein bisschen Streicheln, er ihr eine Umarmung. Ursula Doll und Jan Bluthardt spielen das als einen zarten, träumerischen Ausweg aus der Ausweglosigkeit. So entdeckt Barbara Frey in Nebenfiguren herrliche Hauptsächlichkeiten, in Hauptfiguren aber tolle Nebenwelten. Platonow zum Beispiel. Michael Maertens, der Nervenüberspannungskomiker par excellence, zeigt vom ersten Auftritt an ganz leise und mit eleganter Unterdrückungslaune, dass er vor Ekel und Verzweiflung in dieser Wolfsgesellschaft eigentlich fast umkommt, aber aus seinem Ekel ein geradezu dandyhaftes Vergnügen macht. Er ist der exzessive Theatraliker seiner depressiven Leiden, die er in vollen Abscheuzügen geniesst. „Hau ab!“ ist sein Generalbass. „Bleib, hör zu!“ seine Oberstimme. Ein alter Bub, der sich zwischen Frau und Frau nie entscheiden kann, im Wirbel dazwischen sich wund- und müdtanzt. Dann kommt der Schuss, dann das grüne Licht. Dann wird es dunkel im grossen Gesellschaftsgrab. Aber ziemlich hell im Theater.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung