Schiffbau/Box
Premiere am 13. Mai 2011
In Thomas Jonigks brisantem Stück zum Thema Kindesmissbrauch (uraufgeführt 1999) begibt sich der Zuschauer gemeinsam mit zwei Opfern in eine durch Machtmissbrauch, Verleugnung und emotionale Not gekennzeichnete (Familien-) Welt. Die Sprachlosigkeit ist allgegenwärtig und das Benennen des Ungeheuerlichen (und doch so Alltäglichen) bringt schliesslich sogar das Drama ins Wanken. Die junge Regisseurin Daniela Löffner inszenierte 2009 am Schauspielhaus Zürich „Im Wald ist man nicht verabredet“.
„Thomas Jonigks „Komödie“ über sexuelle Gewalt an Kindern ist im Zürcher Schiffbau zu sehen. Der Versuch TäterInnen- wie auch die Opferperspektive zu beleuchten, erschüttert zutiefst.“ WoZ
„Thomas Jonigks „Täter“, 2000 von Stefan Bachmann in Basel für die Schweiz erstaufgeführt, zeigt Missbrauchsopfer, Täter und Mitwisser. Ein Stück mit aufklärerischem Anspruch – gut, dass es wieder auf einer Schweizer Bühne zu sehen ist.“ Tages-Anzeiger
„„Täter“ verstört produktiv, weil Gewalt, auch der Sprache, nicht Schockeffekt ist, sondern Reflexionsbasis. Die Schauspieler begeistern – etwa Julia Kreusch als gebrochene Petra, Hans-Jochen Wagner als selbstgefälliger Erwin und Isabelle Menke als verunsicherte Karin: Die Tochter wird vom Vater missbraucht, die Mutter aber hasst die Tochter als Rivalin. Dann Magda (Michaela Steiger), die als besseren Mann ihren zarten Sohn Paul (Jirka Zett) hat – und missbraucht (was, wie „Täter“ erinnert, auch Frauen tun). Als Doktorin Sarah Hostettler ins Haus kommt, keimt Hoffnung. Doch sie solidarisiert sich mit Magda – ist selbst Täterin? Man sieht: „Täter“ spielt, bei allem Realismus, in einer zugespitzten Welt des Missbrauchs und der Verlogenheit, in der die (bürgerliche) Fassade natürlich bis zuletzt Bestand hat. „Täter“ ergreift hier etwas plakativ Partei: Gegen eine Gesellschaft, die permanent über sexuelle Übergriffe spricht, die Opfer aber doch nicht richtig schützen kann. Zwar lernen sich Paul und Petra lieben – Zett und Kreusch gebührt für ihre fast dialektische Verkörperung missbrauchter Kinder, die Theaterdeutsch sprechen, hohe Anerkennung – und zeigen die Eltern an. Das letzte Steinchen im Mosaik aber ist Sean McDonagh als Anwalt Karl, der Missbrauch legalisieren will: „Dann gibt es keine Opfer mehr.“ Am Ende befreit man zu Sinatras „My Way“ gemeinsam die Bühne vom Treibgut unsauberen Lebens. Erneut ein starkes Bild, ein bisschen kalkuliert vielleicht. Alles in allem regen Löffner und das brillante Schauspielteam aber durchaus zum Neu-Denken eines Themas an, über das man glaubte, das meiste gedacht zu haben.“ NZZ
„Jonigk hat ein brisantes Stück geschrieben. Das Grauenhafte der Thematik macht es der Kritik nicht leicht. Zu dieser Hemmschwelle trägt die präzise, bisweilen etwas symbolbefrachtete Regie von Daniela Löffner bei. Vor allem aber der totale körperliche und emotionale Einsatz der Spieler.“ Der Landbote