*** Goldener Löwe für Christiane Jatahy ***
Macbeth ist die Geschichte eines ehrgeizigen Tyrannen, der im Zentrum eines Netzwerkes von korrupten, brutalen und frauenverachtenden Machos steht. Damit scheint Macbeth der literarische Prototyp toxischer Männlichkeit zu sein und seine Herrschaft ein Spiegel für die aktuellen autoritären Regime weltweit. So auch in Brasilien, der Heimat von Christiane Jatahy. In Before the Sky Falls nimmt sich die Regisseurin Shakespeares Klassiker vor und zeigt von Macht trunkene Männer, die alles verschlingen, was schwach, feminin oder zerbrechlich wirkt… bis die Geister des Amazonas den Wald beschwören und zurückschlagen. Im Geleit der Philosophie der Yanomami, einer indigenen Gruppe aus dem Norden Brasiliens, lässt Jatahy das Orakel der Hexen Macbeth’ Schlaf betreten und den Regenwald auf die Bühne drängen.
Bekannt für ihre Gratwanderung zwischen Theater und Film und dem Zürcher Publikum durch ihre Gastspiele beim Theaterspektakel, kommt Christiane Jatahy nun ans Schauspielhaus, um mit dem hiesigen Ensemble ihre politische Theaterarbeit fortzuführen.
«Ganz innig verbindet sich der Yanomani-Text mit "Macbeth" (...). Alles mischt sich in diesem phänomenalen Abend: Video und Live-Performance, historisches und gegenwärtiges Drama.» (Valeria Heintges, Nachtkritik, 27.10.2021)
«Dank der umwerfenden Schauspielerleistungen steigen wir ein, bleiben dran. Werden wir am Ende knapp zwei Stunden mitgegangen, mitgehangen sein mit diesem Macbeth und seinen Mannen; dieser unbarmherzigen Untersuchung dessen, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet.» (Alexandra Kedves, Tages-Anzeiger, 28.10.2021)
«Weit hergeholt ist sie nicht: Die Prophezeiung, dass Macbeth erst untergeht, wenn der Wald auf ihn zukommt, wird, verknüpft mit Passagen aus Davi Kopenawas Buch «The Falling Sky», sehr konkret. Der Schamane, Sprecher fürs Volk der Yanomami, erzählt dort von der Bedeutung des Regenwalds und den Folgen seiner Zerstörung durch die Goldschürfer, Viehzüchter, Holzfäller.» (Alexandra Kedves, Tages-Anzeiger, 28.10.2021)
«Grandios gelingt Jatahy der Zugriff mit Shakespeare auf die brasilianische Gegenwart. Die Regisseurin dreht die Macbeth-Fabel sogar noch eine Schmerzdrehung weiter. Als die Männer-Clique für den in Wahnsinn und Schizophrenie zerstörten Chef nämlich einen Nachfolger kürt – Malcolm ist das im Original – kommt einer an die Macht, der nicht mal mehr vorgibt, politisch zu denken: stattdessen nur noch als kriminelles, mörderisches Monster.» (Michael Laages, Deutschlandfunk Kultur, 27.10.2021)