Am Anfang steht das Schweigen. Dahinter liegen Erlebnisse, Erinnerungen und Leerstellen, geprägt von Scham, Scheinheiligkeit oder Schmerz. Umso intensiver und umso weiter wir in unser Körpergedächtnis hineinhorchen, umso mehr stossen wir auf über Generationen hinweg vererbte Leben, die durch Zellen und Erzählungen in uns eingeflossen sind. Wie gehen wir mit diesem Erbe um? Wenn wir mit allem verbunden sind, können wir die Dinge dann nicht auch verändern? Gemeinsam mit dem Ensemble nimmt Leonie Böhm den grossen Schweizer Roman Blutbuch als Anleitung, um es herauszufinden. Das Theater ist dabei für sie ein fantastischer Ort, um die über Generationen weitergetragenen Flüche und mögliche Gegenzauber zu untersuchen. Hier stellen wir uns gegenseitig zur Verfügung und erfahren echte Nähe und Offenheit. Hier wird gespielt, probiert und experimentiert – und das live und vor allem gemeinsam.
Eine besondere Begegnung, die in den letzten Jahren zwischen dem Schauspielhaus Zürich und den Zürcher*innen entstanden ist, ist die zwischen Kim de l’Horizon und Leonie Böhm. Mit Blutstück gehen beide nun einen grossen Schritt aufeinander zu: Bekannt für ihre radikalen Bearbeitungen von Klassikern, die die darin enthaltenen Gedanken und Emotionen erfahrbar machen, wendet sich Leonie Böhm nun einem zeitge- nössischen Stoff zu, der bereits den Willen zur Transformation in sich trägt. Und Kim de l’Horizon gibt Blutbuch, nach einem zehnjährigen Schreibprozess, in einen gemeinsamen, offenen Prozess.