Wer ihn noch nicht gesehen hat – Nicolas Stemanns Faust als Zeitgenossen und Radikalindividualist – hat weiter die Möglichkeit: Teil I und II als fast neunstündigen Marathon oder als Auskopplung nur den ersten Teil. Der Teufel flüstert in jedem Fall.
Dieser Faust ist weit gereist. Die Inszenierung zählt zu den wichtigsten Arbeiten der beiden Intendanten und wurde 2012 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Theater Heute wählt sie zur Inszenierung des Jahres, Benjamin von Blomberg wird als Dramaturg des Jahres ausgezeichnet und das neue Ensemblemitglied Sebastian Rudolph als Schauspieler des Jahres. In der Begründung der Jury für den 3sat-Preis des Theatertreffens steht: «So wie Nicolas Stemann Faust Ⅰ & Ⅱ inszeniert, hat man ihn noch nicht gesehen. Seine Inszenierung ist selbst ein faustisches Ereignis, ein Grübeln und Ergründen, was dieses Drama im Innersten zusammenhält, was es bereithält – für uns heute.» Dass Faust heute als Zeitgenosse anmutet, ist verstörend, aber es ist die Gegenwart, von der Goethe erzählt: eine durchbefreite Gesellschaft von Radikalindividualist*innen, unfähig zu Gemeinschaft und Arbeit an kollektivem Sinn. Und der Teufel flüstert in die Ohren: Sei dein eigener Massstab! Statt Erkenntnis gibt es Machtgewinn: Frauen, Natur und Kolonien werden gleichermaßen unterworfen und zerstört – die Zerrissenheit in der Brust dient dabei als Antrieb und Ausrede gleichermaßen.
Reicher um einige Jahre und Erfahrungen ist die Inszenierung nun endlich in einer für Zürich neu eingerichteten Version am Schauspielhaus zu sehen – und zwar sowohl als fast neunstündiger Marathon des gesamten Stückes (Faust I & II), als auch als Auskopplung nur des ersten Teils Faust Ⅰ.
«Der Ritt ‹vom Himmel durch die Welt zur Hölle›, den man da acht Stunden lang (!) erleben (und ersitzen) darf, ist schlicht fantastisch.» (Rico Valär, 20.9.2019)
«Die Zürcher Version des ungekürzten Faust I & II erzählt aus einer vergessenen Historie der Stadt, aus dem Kapitel Goethes Schweizer Reise, den hochwertigsten Blödsinn.» (NZZ, 16.9.2019)
«Goethe hat’s vorhergesehen. Stemann zeigt’s.» (NZZaS, 22.9.2019)
«Einfach toll! – Für alle.» (Tages Anzeiger, 16.9.2019)