Der Kirschgarten soll verkauft werden. Und er wird es auch. Als die Hausherrin Ranjewskaja nach Jahren im Ausland auf das Gut ihrer Kindheit zurückkehrt, haben sich die Besitz- und Machtverhältnisse verändert. Doch die neuen Beziehungen sind noch zu fragil, um für die Zukunft zu halten.
Tschechows Kirschgarten ist die Geschichte einer Statusverschiebung. Auf- und Abstiege im Wohlstandsgefüge lassen den sozialen Kitt brüchig werden. Im Versuch zu beschreiben, was dem Zusammenleben einer Gemeinschaft Bodenhaftung geben könnte, durchleuchtet Regisseurin Yana Ross sichtbare und unsichtbare soziale Unterschiede und arrangiert Eingesessene und Eingewanderte zu einer Familienaufstellung. Für ihre erste Zürcher Inszenierung überzieht sie die Schweiz mit Kirschbäumen. Wem gehört dieses Land heute, das einst von Bauern bewirtschaftet und besessen wurde? Wer hat über Herkunft, Klasse und Kontostand Teil an seinem Besitz? Und inwieweit ist dieser Boden auch ein inneres Land: Wo verwurzelt man sich mental und emotional, wenn der gemeinsame Ankerpunkt eine geteilte Erzählung von Heimat ist? Um herauszufinden, was eine Gesellschaft verbinden kann, gilt es, herauszufinden, was sie trennt. Der Kirschgarten liegt unter Zürich, als manifestes und umkämpftes Terrain.
«Dem Zürcher Sprechtheater ist ein Sprung in die Gegenwart geglückt. Ross’ Tschechow-Überschreibung sucht nach nicht weniger als nach dem letzten Verbindenden zwischen Menschen.» (NZZ, 16.12.2019)
«Beziehungen und Beziehungsmuster werden sichtbar, Konflikte auf- und ausgestellt. Yana Ross treibt es in ihrer Zürcher Inszenierung auf die Spitze, klar und unterhaltsam.» (SRF, 16.12.2019)
«Leo hat auf eine irritierend lustige Art schlechte Laune, wie es nur Menschen am Rande einer Depression haben. Neuenschwander lotet die Figur fabelhaft gut aus, und der zentrale Disput mit Wodianka, natürlich im Ergebnis nutzlos, ist ein ganz starker Theatermoment.» (Süddeutsche Zeitung, 19.12.2019)
«Grossartig das körperliche Spiel der Polin Danuta Stenka. Sie sagt, sie fühle sich mit der Sprache blockiert, und spuckt dabei die Worte aus, als lägen sie wie Würfel im Mund.» (St. Galler Tagblatt, 16.12.2019)
«Mama!, schreit am Ende die Tochter Anja ihre Sehnsucht durch die Glaswand der Psychiatrie ins Leere. Die wunderbar feinsinnige Wiebke Mollenhauer tut es schmerzhaft wahr.» (NZZ, 16.12.2019)
«Mitten in der Schwärze hat man das seltsame Gefühl, als hätte man voll mitgelebt in diesen drei Therapiestunden.» (Tages Anzeiger, 16.12.2019)